SPD-Innenstadt fordert: Mut zu mehr Sozialdemokratie und klare Kante gegenüber großer Koalition
Nach gut drei Jahren großer Koalition und rund einem Jahr vor der Bundestagswahl liegt die SPD bei Umfragen bei knapp über 20 Prozent. „Das ist für eine Volkspartei zu wenig“, blickt Sebastian Hamann, Vorsitzender des SPD-Ortsverein Bingen-Innenstadt, auf ernüchternde Zahlen. Daher haben die Sozialdemokraten zu einem politischen Stammtisch eingeladen und stellten die Frage: Quo vadis Sozialdemokratie?
„Die SPD ist 2013 mit einem guten, sozialdemokratischen Programm in den Wahlkampf gezogen, doch der Wille dieses auch umzusetzen hat gefehlt“, kritisiert Till Müller-Heidelberg mit Blick auf die große Koalition. Die Bürger wollen einen Politikwechsel, den sie aber der SPD derzeit nicht zutrauen, sind sich die Diskussionsteilnehmer einig. Die SPD habe ein Glaubwürdigkeitsproblem: „Solange der Bürger den Eindruck hat, dass es egal ist, wen man wählt, weil am Ende immer Merkel Kanzlerin wird, wird die SPD weiter an Zustimmung verlieren“, bringt Hamann das Meinungsbild der Runde auf den Punkt. „Die AfD darf bei der nächsten Bundestagswahl keine Alternative sein, das haben die demokratischen Parteien aber selbst in der Hand“, so Hamann. Es wäre falsch, die AfD-Wähler pauschal zu verurteilen. „Auch die SPD muss sich an die eigene Nase fassen und fragen, warum immer mehr Wähler den etablierten Parteien den Rücken kehren“, zeigt sich Hamann selbstkritisch.
„Die SPD muss deshalb den Mut haben, sozialdemokratische Werte wieder in den Mittelpunkt zu rücken und den Anspruch erheben, diese auch in einer SPD geführten Regierung umzusetzen“, betont Gerhard Kremer. Dazu müsse die SPD links- und sozialorientierte Mehrheiten diesseits des konservativen Lagers suchen, notfalls in einer Minderheitsregierung. „Auf jeden Fall muss die SPD endlich klare Kante gegen eine Neuauflage der großen Koalition zeigen“, betont Hamann. Nur so könne es gelingen, glaubhaft einen Politikwechsel einzuläuten. „Wir brauchen heute eine starke Sozialdemokratie mehr denn je“, fordert Müller-Heidelberg eine klare, soziale Programmatik.
„Wir werden das Ergebnis der Diskussion in die innerparteiliche Debatte einbringen, mit dem Ziel, dass sich die SPD als selbstbewusste Partei aus dem Schatten der großen Koalition befreit und bei der Bundestagswahl 2017 für eine ursozialdemokratische Politik mit einem/einer sozialdemokratischen Bundeskanzler/in eintritt“, erklärt Hamann.