Als „beispiellos und verantwortungslos“ bezeichnen der SPD Fraktionsvorsitzende im Binger Stadtrat Philipp Staudinger und der Binger SPD Vorsitzende Rouven Winter die Geschehnisse im letzten Stadtrat. Was war passiert? Auf der Tagesordnung des Stadtrates stand auch der 2. Nachtragswirtschaftsplan der Stadtwerke Bingen am Rhein 2020. „Dieser ist eigentlich unspektakulär und birgt inhaltlich wenig Sprengstoff, denn auch der vorliegende Nachtragswirtschaftsplan bildet nur Verschiebungen, Absetzungen und Neuaufnahmen von Investitionen ab, die im Wesentlichen von den städtischen Gremien bereits beschlossen wurden oder die sich faktisch ergeben haben, wie bspw. Einkommensminderungen im Verkehrsbetrieb, da durch die Corona-Pandemie weniger Fahrgäste zu verzeichnen waren.“, führt Staudinger aus. Die Wirtschaftspläne werden daher in der Regel auch im Stadtrat „durchgewunken“.

Dennoch nahmen CDU, FDP und FWG den Beschluss über den Nachtragswirtschaftsplan zum Anlass, zu kritisieren, dass die Ausgaben im Busbetrieb zu hoch seien und man hier sparen müsse. „Es gab hierbei aber keinen einzigen Vorschlag, wo und wie man sparen will.“, kritisiert Winter. Stattdessen lehnten CDU, FDP und FWG den Nachtragsplan einfach ab. Mit schwerwiegenden Konsequenzen: Ohne Wirtschaftsplan sind die Stadtwerke schlicht handlungsunfähig: Verkehrsbetriebe, Wasserwerk, Abwasserbeseitigung und Straßenbau wären an die Wand gefahren. Ohne Grundlage sind die Stadtwerke nicht handlungsberechtigt. 

Auch der Oberbürgermeister, dem bei der Handlungsfähigkeit der Verwaltung eigentliche eine besondere Verantwortung zukommen sollte, verweigerte sich einfach an der Abstimmung über den Nachtragswirtschaftsplan überhaupt teilzunehmen, ohne denn zu begründen, was er inhaltlich an diesem Wirtschaftsplan kritisiert. Auf Rückfrage quittierte er sein Handeln im Stadtrat nur mit einem Schulterzucken.

„Die Handlungsfähigkeit und den Betrieb der Stadtwerke zu riskieren ohne einen einzigen inhaltlich fundierten Kritikpunkt anzuführen, ohne eine einzige konkrete Änderung vorzuschlagen, ist maßlos und verantwortungslos. Hier geht es auch schon längst nicht mehr um die Sache, sondern nur noch um die Zerwürfnisse zwischen CDU, FDP, FWG und dem Grünen Beigeordneten Jens Voll, der für die Stadtwerke zuständig ist.“, ärgert sich Staudinger. Für die SPD ist klar: Um die Sache ging es hier ohnehin nicht.

Erst in einer vom SPD-Fraktionsvorsitzenden beantragten Sitzungsunterbrechung und einem Gespräch mit allen Fraktionsvorsitzenden über die Folgen der Entscheidung, lenkte die CDU ein und enthielt sich der Stimme, damit der Wirtschaftsplan doch noch beschlossen werden konnte. „Das verantwortungslose politische Spiel um die Stadtwerke konnte somit in letzter Minute gerade noch verhindert werden.“, erklärt Winter.

„Wir fordern alle Beteiligten auf, sich endlich wieder zu besinnen und sich auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Stadtverwaltung zu konzentrieren. Der Beigeordnete und die Fraktionen von CDU, FDP und FWG müssen hier einen Umgang miteinander finden. Die Befindlichkeiten, die hier ausgetragen werden, schaden unserer Stadt.“, erklärt Winter, der auch ausführt, dass es so etwas in Bingen wahrscheinlich so noch nie gegeben hat. 

„Jedem Ratsmitglied waren die Konsequenzen einer Ablehnung bekannt. Jedem muss klar gewesen sein, dass die Stadtwerke ohne haushälterische Grundlage nicht handeln können. Vor diesem „Hintergrund ist das Verhalten der CDU absolut verantwortungslos. Die CDU hat mit ihren eigenen Beschlüssen in der Vergangenheit zur finanziellen Situation der Werke maßgeblich beigetragen und versucht sich nun der Verantwortung zu entziehen. Ich erwarte von der CDU, die den Bürgermeister und den Oberbürgermeister stellt und ebenso wie die SPD die größte Fraktion im Rat stellt, dass sie sich besinnt und zu einer die Verwaltung tragenden und die Zukunft gestaltenden Arbeit zurückfindet. Das ist das Mindeste was die Binger Bürgerinnen und Bürger erwarten können,“ fasst Staudinger zusammen.